Probleme mit den Hausaufgaben: Einleitung

Beichte

Als ich selbst noch ein Schulkind war, habe ich keine Hausaufgaben gemacht. Und ich bereue es bis jetzt nicht. Ich bin natürlich meinen Eltern dafür sehr dankbar, dass sie sich in meine Schulangelegenheiten nicht einmischten. Ich habe mir damals schon geschworen, dass ich meine eigene Kinder, wenn ich sie haben würde, nie dazu zwinge, die Hausaufgaben zu machen. Leider konnte ich dabei einen wichtigen Umstand nicht in Betracht ziehen.

Ich lebte damals nämlich in einem ganz anderen Land – in Russland (UdSSR). Was in einer russischen Schule letztendlich zählt und was auch benotet wird, sind Kenntnisse. Ein russischer Lehrer ist völlig zufrieden, wenn die Schüler gute Kenntnisse aufweisen. Wie sehr er sie für die fehlenden Hausaufgaben auch schimpfen mag, ganz im Ernst ist es nicht. Die Noten werden dadurch nicht schlechter. Und so was wie Strafarbeiten und Nachsitzen existieren in Russland gar nicht. Auf jeden Fall, meine Weigerung, Hausaufgaben zu machen, hat mich daran nicht verhindert, das Schulabschlusszeugnis mit lauter „sehr gut“ zu bekommen. Ich habe doch in der Schule während mehreren Jahren immer einen halben Tag verbracht. Diese Zeit ist völlig ausreichend, um sich für alle Klassenarbeiten und Prüfungen vortrefflich vorzubereiten.

Meine Kinder gehen dagegen in die deutsche Schule. Was hier zählt, sind keine Kenntnisse, sondern Leistungen. Und das macht einen großen Unterschied. Ein deutscher Lehrer kümmert sich um die Kenntnisse seiner Schüler so gut wie gar nicht. Ich habe schon unzählige Male mit den verschiedenen Lehrerinnen und Lehrer meiner Kinder gesprochen und dabei immer versucht, das Gesprächsthema in die Richtung Kenntnisse zu wenden. Vergebens. Keine Interesse. Über so was spricht man einfach mit einem Lehrer nicht. Das einzig wichtige ist, dass das Kind die Schulordnung beachtet. Damit wird auch gemeint, dass es die Hausaufgaben macht. Sonst bekommt es jede Menge von mündlichen Sechsen und wird noch dazu mit den üblichen pädagogischen, wie auch Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen grundsätzlich bearbeitet (meistens mit Strafarbeiten und Arresten). Dazu gehören noch die Einladungen an die Eltern, zu einem Gespräch in die Schule zu kommen. Die guten Noten im Zeugnis kann man dann einfach vergessen.

Muss ich unter diesen Umständen meinen alten Schwur brechen und meinen Kindern die versprochene Freiheit bezüglich Hausaufgaben zurücknehmen? Ich glaube, nicht. Es gibt drei gute Gründe, warum Eltern ihre Kinder da in Ruhe lassen sollen. Darüber werde ich das nächste Mal noch ausführlich sprechen.

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